Projekte des ZKR im Jahr 2018
Performative Führungen im Spreepark
Das ZKR – Zentrum für Kunst und öffentlichen Raum ist die Plattform für die Kunstprojekte der Grün Berlin GmbH. In diesem Jahr initiiert das ZKR erstmals performative Kunstführungen durch den Spreepark. Von Juni bis Oktober 2018 werden fünf Künstler/innen und Künstlergruppen Touren anbieten, die sich in unterschiedlichen Formaten mit den Besonderheiten des Parks auseinandersetzen. Die Teilnehmer*innen sind dabei je nach Führung eingeladen imaginäre Welten zu entdecken, Pflanzen zu verkosten, Erinnerungen zu teilen, Fragen von Besitz und Eigentum nachzugehen oder Teil musikalischer Inszenierungen zu werden.
Folgende Künstler*innen werden uns (ent-)führen:
Sebastian Quack & Lukas Matthaei | Teststrecke Plänterwörld
Eine Virtual-Reality-Führung, die den realen Ort Spreepark mit imaginären Welten verbindet und so neue Erlebnisse schafft: In kleinen Gruppen erkunden die Teilnehmer*innen verschiedene Stationen im Park. Klänge, Stimmen und 360-Grad-Videos überlagern sich via Virtual-Reality-Brille mit den Ruinen ehemaliger Fahrgeschäfte und den über die Zeit entstandenen Leerstellen. Die Teilnehmenden entwickeln aus den Relikten des Parks und den von den Künstlern ausgewählten, digitalen Fragmenten neue DIY-Fahrgeschäfte, in denen sich eigene Assoziationen, Wünsche und Phantasien zu Park und Technik vermischen. Ganz im Zeichen des Neuanfangs im Spreepark wollen Lukas Matthaei und Sebastian Quack mit den Besucher*innen „Keimlinge in die Fugen zwischen Nichtmehr und Nochnicht pflanzen“.
Darauf aufbauend soll eine offene Auseinandersetzung mit den Verheißungen virtueller Realitäten einerseits und den Möglichkeiten moderner Stadtplanung andererseits angestoßen werden. So fragen die Künstler beispielsweise: „Locken sie uns noch, die glitzernden Versprechungen der alten Tivolis oder Vergnügungsparks vor den Toren der Stadt? Oder strömen lediglich immer neue Versuchungen im blauen Flimmer der Screens durch unsere Körper hindurch?“
Hans Winkler | Vom Verschwinden
Die performativen Führungen von Hans Winkler führen die Besucher*innen an Orte, die Geschichten aus verschiedenen Epochen bergen und von bereits Verschwundenem erzählen. Mittels einer mobilen Hörstation werden Erzählungen, Mythen, Sagen oder persönliche Erinnerungen in Form von O-Tönen und Soundmaterialien präsentiert, die Stück für Stück eine neue Historie des Ortes aufbauen. Jede von Winklers „Expeditionen“ erzählt eine andere Geschichte des Ortes und erforscht so die Rolle von mündlicher Überlieferung als identitätsstiftende Auseinandersetzung mit Zeitgeschichte – stets changierend zwischen Fakten und Fiktion. Die Teilnehmer*innen sind eingeladen persönliche Erinnerungen, Erlebnisse und Assoziationen zu teilen, um Winklers Audioarchiv zu ergänzen und selbst Teil dieser künstlerischen Spreepark-Chronik zu werden.
Daniela Brahm | Die Tour als Skulptur: Property Matters
Der Plänterwald lässt noch heute Nachbilder von knallbunten Fahrgeschäften, Schießbuden, Dinos und Zuckerwatte aufleben. Doch auf die Zeit eines erfolgreichen Vergnügungsparks folgten Insolvenz, Plünderungen im Park und ein jahrelanges Ringen um die Zukunft des Geländes. Die mit der Eigentumsfrage verbundenen Unklarheiten haben in dieser Zeit vieles verhindert. „Die Tour als Skulptur: Property Matters“ von Daniela Brahm nimmt sich dieses Themas an und nutzt den heutigen, in einer Übergangsphase befindlichen Spreepark als Projektionsfläche für eine Tour entlang unterschiedlicher Eigentumskonzepte.
Kaum ein Begriff scheint unverrückbarer als der Begriff vom Eigentum, er ist kulturell geprägt, selbst schon fast ein Kulturgut. Die Relikte im ehemaligen Vergnügungspark geben Anlass für eine Reise durch die Welt des Bodeneigentums. Was erzählt „Merry Old England“, das Englische Dorf im Spreepark, vom englischen Grundbesitz, von „Leasehold“, den „Gentrys“ und der „Gentrification“? Was sagt Marx über Akkumulation, was ist ein „Enclosure Act“ und zu welchem Zweck wurde das beliebte Monopoly-Spiel eigentlich erfunden? Was haben amerikanische „Homesteads“ mit den deutschen „Heimstätten“ gemein? Wilder Westen, China, Tolstoi? Und was hat das Dorf „Arden“ aus dem amerikanischen Delaware und „Kiautschou“ vom gelben Meer im Spreepark Berlin zu suchen?
Urban Culture Institute | Live: Natur Szene Musik
In den performativen Führungen des Urban Culture Institute wird der Spreepark zur Kulisse für einen musikalischen Dialog, der das Zusammenspiel von Natur, Kultur und Performance zelebriert. Während die Musiker Paul Brody (Trompete) und Robyn Schulkowsky (Percussion) sich improvisierend durch die (Klang-)Landschaft des Spreeparks bewegen, werden die Überreste der Fahrgeschäfte zu Instrumenten oder Resonanzräumen. Pro Tour ergänzt eine Performerin des Urban Culture Institute – Christina Lanzl oder Dieta Sixt – die musikalische Darbietung durch szenisches, interaktives Storytelling: Ihre Inspirationsquellen sind entweder die besondere Szenerie des Spreeparks selbst (Dieta Sixt), oder Szenen aus Spielfilmen, in denen der Park als Kulisse diente (Christina Lanzl). Alle drei Performer erwecken durch individuelle Interpretationen den Park zu neuem Leben. Auch das Publikum kann sich auf der Klangebene oder mit persönlichen Erinnerungen einbringen und so Teil der Performance werden. Auf diese Weise überlagern sich in den Touren unterschiedliche Zeitebenen, sowie musikalische Komposition und szenische Improvisation.
Andrew Rewald & Prinzessinnengarten | Beyond The Pleasure Garden
Andrew Rewald wird in seinen interaktiven Führungen durch den verlassenen Spreepark dessen ungenutztes Potential im Hinblick auf Anbau, Ernte und Zubereitung von wildwachsenden Pflanzen in den Blick nehmen. Dabei führen er und sein Team die Teilnehmer*innen sowohl durch den weitläufigen Park als auch in eigens umzäunte Bereiche, die sich während der Touren in Freiräume für botanische Erkundungen verwandeln. Die Besucher*innen lernen Pflanzen zu identifizieren und probieren ungewöhnliche Erzeugnisse, wie z.B. zuvor gezapftes Birkenwasser.
Der „Lustgarten“ (Pleasure Garden) bildet den gedanklichen und historischen Ausgangspunkt der Führungen: ursprünglich aus dem Nutz- und Ziergarten entstanden und als sozialer Ort der Erholung etabliert, spielte er später auch auf politischer Ebene eine Rolle – beispielsweise für die Entwicklung einer bäuerlich geprägten Gesellschaft hin zu einer urbanisierten Industrienation. Die Touren verhandeln die aus Industrialisierung und Kommerzialisierung hervorgegangenen ökologischen Probleme wie monokulturelle Landwirtschaft und unbedachtes Konsumverhalten, aber auch aktuelle Bestrebungen in Umweltbildung, Naturschutz und Nachhaltigkeit sowie den Trend urbaner Gartenanlagen in einem hart umkämpften Stadtraum.
Die Führungen von „Beyond The Pleasure Garden” sind ein kollaboratives Projekt des Künstlers Andrew Rewald mit Prinzessinnengarten – vertreten durch Matthias Wilkens, Alexis Goertz (Edible Alchemy) und Jonathan Hamnett (Grunewald Foraging).